Eyecatcher Für Jugendliche

Junge Frau, 19 Jahre

Ich bin 19 Jahre alt und aufgrund einer durch einen Verkehrsunfall (ich war damals 13) verursachten Verletzung hatte ich mit Kopfschmerzen im Hinterkopf zu kämpfen, die sich mitunter bis zur Stirn ausbreiteten. Diese Schmerzen haben sich wegen mangelhafter medizinischer Behandlung chronifiziert, sodass ich Tag für Tag mit Schmerzen aufwachte, sofern ich denn überhaupt nachts schlafen konnte. Nach einigen Krankenhausaufenthalten zur medizinischen bzw. diagnostischen Abklärung empfahl mir ein Arzt einen Schmerztherapeuten, bei dem zügig ein Termin vereinbart wurde. Schon bald begann ich eine medikamentöse Schmerztherapie. Es wurden einige Schmerzmittel ausprobiert, um für mich das optimale Medikament zu finden. 

Sowohl meine Familie als auch meine Freunde standen mir in der Zeit immer bei. Auch die Ärzte, bei denen ich mich wegen meiner Beschwerden vorgestellt hatte, gaben sich stets große Mühe. Trotz starker Schmerzen machten mir der Schulbesuch und das Lernen weiterhin Spaß. Schüler und Lehrer zeigten Verständnis, was mir meine Situation erleichterte. Doch es gab auch Tage, an denen ich den Schulunterricht aufgrund der Schmerzen verlassen musste, ­ so sehr ich auch an meinem Lieblingsfach Mathe teilgenommen hätte.

In der Zwischenzeit wurden meine Eltern - nicht zuletzt durch meinen Kinderarzt - auf die Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln und dessen stationäres Schmerztherapieprogramm aufmerksam gemacht. Kurze Zeit später - im Mai 2008 - trat ich im Alter von 14 Jahren dann den stationären Aufenthalt an.

Wenn ich den dreiwöchigen Aufenthalt in seiner Gesamtheit Revue passieren lasse, so kann ich sagen, dass mir und anderen an chronischen Schmerzen leidenden jungen Patientinnen und Patienten eine Vielzahl an (Ablenkungs-)Strategien und Unternehmungen zur Schmerzbekämpfung angeboten wurde (sportliche Aktivitäten, Schulunterricht in den Hauptfächern, Ablenkungstechniken wie die "ABC-Methode", Einzelgespräche mit Psychologen, Familiengespräche bis hin zur Kunst- und Musiktherapie). Das Konzept kombiniert daher sowohl Psychologie als auch Medizin. Als Patientin wurde mir so die Möglichkeit geboten, aus den verschiedenen Angeboten zur Schmerzbekämpfung das herauszufiltern und für mich mitzunehmen, was mir am besten hilft. Diese Chance sollte man sich im Hinblick auf eine mögliche weitere Chronifizierung der Schmerzen nicht entgehen lassen! Dank der Erklärung des "Teufelskreislaufes der Schmerzen", der sehr verständlich und logisch nachzuvollziehen ist, wurde mir aufgezeigt, dass ich es schaffen kann, diesem zu entkommen - natürlich nicht von heute auf morgen.

Während ich auf der "Leuchtturm-Station" war, wurde mir bewusst, dass ich nicht die Einzige war, die Tag für Tag gegen Schmerzen kämpfen musste! Jeder brachte seine eigene Geschichte und seinen eigenen Schmerz mit. Ich war erleichtert, dass ich dort nicht immer und immer wieder erklären musste, was ich habe; es war schlimm genug, chronische Schmerzen zu haben, aber jedem ständig Näheres darüber erzählen zu müssen, störte mich manchmal massiv.

Der Aufenthalt in Datteln ließ mich um viele Erfahrungen reicher werden. Nach Datteln hatten sich meine Schmerzen minimal reduziert, was mich letztendlich dazu veranlasste, wieder die medikamentöse Schmerztherapie aufzunehmen. Nachdem die richtigen Medikamente gefunden wurden, die bei mir wirkten, ließ der Schmerz peu-a-peu nach bis zur Schmerzfreiheit. Das hat einige Zeit gedauert, aber es hat sich definitiv gelohnt! Heute habe ich sehr viele schmerzfreie Zeiten. Allerdings gibt es hin und wieder noch stärkere Schmerzschübe, die sich - mithilfe wirkungsvoller Medikamente - auf ein Minimum reduzieren lassen.

Alles in allem kann ich sagen, dass sich meine Schmerzwahrnehmung im Laufe der Jahre verändert hat. Ich bewerte Schmerzen nicht mehr, wenn sie im Rahmen eines Schubes auftreten. Ich nehme wahr, dass sie da sind, aber mehr als die Registrierung ihres Vorhandenseins erfolgt nicht.

Ich denke, dass es wichtig ist, für sich persönlich das herauszufiltern, was einem hilft. Jeder Schmerz ist individuell und geht mit individuellen Konsequenzen einher, sodass sich ein Konzept nicht auf jeden anwenden lässt. Im Laufe der Zeit findet jeder für sich einen Weg, mit den Schmerzen effektiv umzugehen. Meiner Meinung nach ist es wichtig, dass man an dem, was einem immer Freude bereitet hat, festhält und nicht aufgibt. So habe ich mir meine Freude und Faszination an den Naturwissenschaften nicht nehmen lassen! Der Schmerz konnte noch so stark sein, die Begeisterung an der Bearbeitung komplexer Themen bzw. Aufgaben ließ ich mir nicht nehmen! Da hieß es: Zähne zusammenbeißen und ran an die Differentialgleichung.

Allen, die ebenfalls unter chronischen Schmerzen leiden und denken, ihre Lage sei aussichtslos, möchte ich ans Herz legen, den Kampf gegen den Schmerz aufzunehmen, denn es lohnt sich! Habt den Mut und tut etwas gegen eure Schmerzen! In euch stecken mehr Kräfte, als ihr glaubt! Ihr werdet es schaffen, euren Schmerz in den Griff zu bekommen!

Mein Abitur habe ich mit einem Notendurchschnitt von 1,3 gemeistert (und das trotz Schmerzschub in der 12. Klasse). Bald werde ich mein Medizinstudium beginnen.

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