Eyecatcher Für Jugendliche

18-jähriges Mädchen

Hallo!

Mein Name ist Eva-Maria und ich bin 18 Jahre alt. Zur Zeit besuche ich die 12. Klasse eines Gymnasiums.

Wenn man mich nun so sieht, dann denkt man, dass ich eine kleine und verrückte junge Frau bin, die diesen typischen Alltagsstress hat und sich eher Gedanken um das nächste Shopping-Event macht, als um Schmerzen. Doch das konnte man über drei Jahre nicht von mir behaupten und Schmerzen eroberten die höchste Priorität in meinem Leben. Das heißt, mein Selbstbewusstsein, meine Freunde, der Spaß am Leben, meine Hobbys- darunter zählte vor allem Sport- , mein Engagement in der Schule, meine Familie: alles litt darunter!

Doch wie kam es dazu?

14.12.2009: Wir spielten Fußball in der Schule und ich wurde leicht auf den Fußrücken getreten. Ich biss die Zähne zusammen und spielte weiter. Wenn ich jemals gewusst hätte, dass ein solch simpler Tritt zu einer jahrelangen Tortur und chronischen Schmerzen führen würde, dann wäre ich an diesem Tag niemals in die Schule gegangen.

Diese Schmerzen, sie verbreiteten sich im ganzen Fuß - permanent!

Das Ärzte-Hopping begann nun: wochenlange Krankenhausaufenthalte und sämtliche medizinische Versuche: Gewebeentnahme, Schmerztabletten, Antibiotika, Kortison-Behandlung ... alles wurde ausprobiert und nichts half. Ich selbst hatte auch keine Taktik gefunden, um mir zu helfen oder wenigstens die Schmerzen zu lindern. Ich war total überfordert!

Auf die Worte: "Entschuldigung, aber die Schmerztabletten helfen mir nicht, sie machen alles nur noch schlimmer!" wurde ich nur als Simulant dargestellt und musste an mir einiges ergehen lassen. Ich wurde von Arzt zu Arzt weitergereicht und jeder stellte andere Diagnosen und machte uns immer mehr Angst.

Meine Familie litt genauso wie ich: Wenn das Kind krank ist, dann sind auch die Eltern krank! Doch meine Familie glaubte mir immer und stand hinter mir, sie konnten sich zwar nicht vorstellen wie es ist, 24 Stunden Schmerzen zu haben, aber sie ermutigten mich, wie stark ich doch sei! Anfangs kamen Freunde öfters zu Besuch, doch bald wurde ich von vielen vernachlässigt, weil ich nicht das machen konnte, was ein Jugendlicher in seiner Freizeit macht. Außerdem sind sie überhaupt nicht mit dem Gedanken klar gekommen, was es heißt, Dauerschmerzen zu haben. Wieso auch? Als junger Mensch sollte man möglichst schönere Gedanken haben! In diesen letzten Jahren zeigte sich nun, wer wirklich wahre Freunde sind und für einen in der Not da sind!

Aber nicht nur Jugendliche, sondern auch Erwachsene waren oftmals ratlos. So kam es zu vielen Meinungsverschiedenheiten bei Lehrern: "Ich kann mir das nicht vorstellen Eva-Maria! Du lachst doch so oft und lässt dir nicht anmerken, dass es dir so schlecht geht!"

Ich habe mich immer mit den Worten verteidigt: "Wenn ich lächle heißt das nicht, dass ich glücklich bin. Ich habe schon so oft gelacht, um nicht weinen zu müssen!"

Ein normales Leben noch führen? Daran habe ich lange Zeit nicht mehr gedacht und hatte mich geistig schon aufgegeben und hatte mich schon als erwachsene Rollstuhlfahrerin  gesehen. Doch dann hatte ich die Chance und diese habe ich genutzt: Ich hatte im Juli 2012 um einen Platz in Datteln gekämpft und am 3.12.2012 konnte ich zur stationären Aufnahme kommen.

5 Wochen Schmerztherapie: Ich wurde herzlich aufgenommen und ich wurde erstmals auch verstanden. Ich traf nun auch andere Jugendliche, die das gleiche Problem hatten und es gab mir das Gefühl, dass ich nicht hilflos und allein in dieser Situation bin.

Die Betreuer waren immer für mich da, sowohl zum "ausheulen" als auch für unklare Entscheidungen, sie hatten einen guten Rat für mich und haben mich unterstützt. Sie haben mich so motiviert, dass ich sehr schnell das Bedürfnis hatte, neue Dinge auszuprobieren und die Ängste in den Hintergrund zu rücken. Ich hatte jegliche Therapiemöglichkeiten  nach meinem Interesse getan und wurde zu nichts gezwungen!! Dies wurde mit einem Stufenplan aufgebaut, der alle zwei Tage gesteigert wurde. Sie haben versucht, die Therapie so angenehm wie möglich zu gestalten und das Programm war sehr abwechslungsreich: Krankengymnastik, Einzelgespräche, Musik- und Kunsttherapie, schwimmen, Schule, gemeinsame Nachmittage...

Ich hatte immer meine kleinen Erfolge und habe mich umso mehr gefreut, wenn ich sie meiner Familie am Wochenende zeigen konnte.

Doch das wichtigste in diesen fünf Wochen war, dass ich mögliche Strategien gelernt habe, um den Schmerz zu kontrollieren und ihn sogar zu vergessen. Bei diesem Plan hat mein betreuender Psychologe mir sehr viel geholfen und ich war erstaunt was es alles für Möglichkeiten gibt. Dabei sind diese Möglichkeiten sehr gut nachzuvollziehen, erfordern aber anfangs sehr viel Konzentration.

5 Wochen waren nun vorbei und ich bin mit dem Wissen, was ich in Datteln gelernt habe und welche Ziele ich noch vor mir hatte, nach Hause gegangen: Die kommenden 4 Wochen waren sehr schwer und anstrengend. Ich musste mich nun wieder an meinen Alltag gewöhnen und dies mit der Schmerztherapie  kombinieren. Ich war an  vielen Tagen sehr überfordert und versuchte, meine Genesung und die Gesundheit in den Vordergrund zu rücken.

Ich musste nun versuchen, einen eigenen Plan aufzustellen und auf meine Ziele hinzuarbeiten. Doch das war schwieriger als gedacht!

Nach diesen 4 Wochen hatte ich einen Ambulanztermin und ich konnte Fragen zu den aufgekommenen Problemen stellen und mir wurden Tipps gegeben wie ich weiter handeln soll.

Und jetzt?? Apri/2013:

Es sind jetzt gerade mal 4 Monate vergangen seit meinem ersten Tag in der stationären Schmerztherapie in Datteln. 

Schmerzen? Darüber lache ich! Ich habe den Kampf gegen die Schmerzen auf mich genommen und bin ihn am besiegen. Dieses regelrechte "Tief“ nach den ersten 4 Wochen hat mich nochmals schwer zum Denken gebracht und ich habe mich gefragt, ob ich kein Kämpfer bin und ob ich diese große Chance verlieren möchte.

Ich hatte nun die Entscheidung: Lässt du dich hängen und verlierst den Kampf gegen die Schmerzen oder  stellst du dich  auf und erklärst weiterhin den Krieg gegen die Schmerzen? Ich habe mir weitere Ablenkungstechniken ausgedacht, den Stufenplan weitergeführt und bekomme weiterhin Krankengymnastik vor Ort. Außerdem habe ich mich sehr intensiv mit meinem eigenen Ich auseinandergesetzt und habe sehr viel Kraft von meiner Familie bekommen. Mein Selbstbewusstsein - welches sich in den letzten drei Jahren sehr zurückgezogen hatte - versuchte ich wieder zu finden und habe mich regelrecht dazu gezwungen, Aktivitäten zu unternehmen die mir früher Spaß gemacht haben. Auf diesem Weg habe ich auch wieder gelernt, Freude am Leben zu haben. Ich habe mir die Kraft wieder zurückerobert, die ich zur Schmerzbewältigung  brauche und verkrieche mich nicht mehr in meinem gewohnten Umfeld. Ich habe wieder gelernt, meine eigene Meinung zu vertreten und auch "Nein" zu sagen, wenn ich etwas nicht möchte.

All dies hat nun dazu geführt, dass ich keine Dauerschmerzen mehr habe und ich konnte meinen Schmerzpegel (1-10) von früheren durchschnittlichen 8 Punkten auf 2-3 Punkte senken. Wenn mich eine Schmerzattacke überkommt, weiß ich nun wie ich mit ihr umgehen kann und habe sie unter Kontrolle und nach einer kurzen Zeit sind die Schmerzen vergessen und ich kann mich meinen Tätigkeiten wieder zuwenden.

Seit ich die Schmerztherapie  in Datteln abgeschlossen habe, habe ich sehr viel bis zum heutigen Tag erreicht: Ich gehe vollkommen ohne Unterarmgehstützen, kann jegliche Schuhe, Socken und Hosen anziehen. Außerdem habe ich nun wieder mit dem Autofahren angefangen.
Meine motorischen Fähigkeiten haben sich sehr verbessert: Ich kann sowohl Kälte als auch Wärme am Fuß wieder spüren und kann dies auch vertragen, ohne dabei Schmerzen zu haben. 
Über verschiedenste Stoffe, Materialien oder Oberflächen kann ich mich barfuß fortbewegen. Meinen Fuß kann ich selbst wieder anfassen und habe wieder das Gefühl, dass mein rechter Fuß zu 100 % zu meinem Körper gehört.

Wenn ich mich nun so betrachte, bin ich ein neuer Mensch geworden. Ich habe mein Lachen und das Selbstbewusstsein  wiedergefunden und gehe nicht mehr so verbissen durch mein Leben. Ich bin für jede Sekunde froh, wo ich keine Schmerzen mehr habe und für jede weiteren Fortschritte, die ich meistere.

Ich weiß, dass es dennoch ein langer Weg sein wird, um ein komplettes schmerzfreies Leben zu führen, aber wie sagt man so schön? In der Ruhe liegt die Kraft!

Und wem hab ich das alles zu verdanken? Meiner Familie, die mich immer unterstützt hat und immer noch bis zum heutigen Tag fest an mich glaubt, meinen wahren Freunden, die mit mir wunderschön meine Freizeit gestalten und mich so auch weiterhin ablenken und selbstverständlich dem Deutschen Kinderschmerzzentrum  und somit den Betreuern, dem Psychologen und den Physiotherapeutinnen  und Therapeuten, die mir vieles beigebracht haben und somit mir wieder die Hoffnung auf ein normales Leben gemacht haben und mir geholfen haben, den richtigen Weg für meine Gesundheit einzuschlagen!

Datteln Sei Dank! 

Eure Eva-Maria

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